Mind

Von Selbstisolation und Prokrastination

Nach einer Woche Selbstisolation und Prokrastination ist mir der Gedanke gekommen, dass es wohl gerade nicht der passendste Zeitpunkt ist, von den schönsten Reisen und Hotels, den neusten Modetrends oder dem besten Yogastudio der Stadt zu erzählen. Vielmehr ist mir wieder einmal bewusst geworden, wie wichtig die Dinge sind, die ganz naheliegen sind in unserem Leben. 

Der Alltag unendlicher Möglichkeiten

Für uns alle ist es eigentlich selbstverständlich, sich tagtäglich frei zu bewegen und abgesehen von ein paar Verpflichtungen zu tun und lassen, wonach uns gerade ist. Wenn man nicht alleine sein will trifft man sich auf einen Kaffee mit einer Freundin. Muss man seine Energie rauslassen oder braucht einfach nur Bewegung geht man kurz ins Fitnessstudio. Hat man keine Lust zu kochen, geht man spontan ins Restaurant. Wenn man das Gefühl hat, dem Alltag wieder einmal entfliehen zu müssen, bucht man sich kurzerhand einen billigen Flug in die Ferne. Hat man etwas zu feiern oder will einfach nur den anstrengenden Tag vergessen, geht man auf einen Drink in die nächstgelegene Bar. Wenn man vergessen hat den Käse für die Lasagne zu kaufen, geht man schnell zum Supermarkt um die Ecke. Und die Regale sind voll. 

Doch diese Dinge, die für uns wohl ein Leben lang so selbstverständlich schienen, sind es in dieser Zeit unseres Lebens nicht mehr. Und was soll das anderes bewirken als ein unbehagliches Gefühl in uns auszulösen? Wir haben all diese Freiheiten in diesem Maß auf einmal nicht mehr. Es ist plötzlich unangenehm die Nachbarn zu treffen und sich mit ihnen zu unterhalten. Man überlegt nun mehrmals ob man wirklich diese eine fehlende Sache aus dem Supermarkt wirklich so dringend braucht. Und noch viel mehr das ganze materielle Zeug, das sich während wir draußen unsere Freiheit genossen, unbemerkt in unseren Wohnungen angesammelt hat. 

Die Freiheit des Hetzens

Paradox ist dabei aber, dass jeder sich sonst immer nach Zeit und Ruhe sehnt. Zeit, einfach nur zu Hause bei den Liebsten zu sein. Runterzukommen und innehalten zu können. Endlich Zeit zu haben, diese neue Sprache zu lernen, den Keller zu entrümpeln oder einfach ein Buch zu lesen, dass sich nicht mit den selben Themen wie der Job befasst. Und jetzt, wo wir plötzlich all diese Zeit haben, wollen wir das doch eigentlich gar nicht. Jetzt wollen wir doch eigentlich nur ganz normal durch den gewohnten Alltag hetzen und den damit einhergehenden ganzen alten Stress zurück. Aber warum ist das so? 

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und hat vor allem seinen Dang nach Freiheit verinnerlicht. Zudem neigen wohl die meisten Menschen auch dazu, Dinge auf die Zukunft zu vertagen. Das nennt man auch Prokrastination. Und genau damit sollte man nun aufhören. Es sollte einem genau das zeigen. Dass es nicht selbstverständlich ist, ins Kino gehen zu können und dass es genauso wenig selbstverständlich ist, alle Zeit der Welt zu haben um endlich das Gewürzregal zu sortieren. Es sollte uns alle wachrütteln, dass der richtige Zeitpunkt immer jetzt ist. Nicht morgen oder nächste Woche. Die Welt könnte nächste Woche oder auch schon morgen eine ganz andere sein als wir sie kannten und wir wünschten wir hätten noch einmal die Freiheit gehabt unbeschwert ins Kino zu gehen … 

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